Kinder mit Allergien auf Nahrungsmittel sind häufig Zielscheibe für Schikanen

Kinder mit Allergien sind Mobbing ausgesetzt

Allergien dürfen nicht länger bagatellisiert werden

Es existieren Berichte von Kindern und Jugendlichen, die unter Nahrungsmittel– allergien leiden und deswegen schikaniert und geärgert werden. Sie berichten bspw., dass sie auf dem Schulhof Erdnüsse übergeworfen bekamen, weil die Mitschüler gerne herausfinden wollten, ob die Allergie „echt“ ist oder ob der allergische Schüler nur „spinnt“. Experimente dieser Art können einen schlimmen Ausgang nehmen.

Bislang gab es noch keine Studie, die darauf ausgelegt war, solche Ereignisse genauer zu charakterisieren. Ein amerikanisches Wissenschaftlerteam setzte sich daher das Ziel, das Vorhandensein und die speziellen Merkmale von Mobbing, Hänseleien oder Belästigung von Lebensmittel-Allergikern aufgrund ihrer Nahrungsmittelallergien zu ermitteln. Die Wissenschaftler mussten feststellen, dass Nahrungsmittelallergikern tatsächlich wegen ihrer Allergien häufig zuleide gelebt wird, und das nicht nur durch Gleichaltrige.

Wie ergeht es Kindern und Jugendlichen mit Nahrungsmittelallergien?

Kinder, die unter Allergien auf Nahrungsmittel leiden, habe es oft nicht leicht. Das Bewusstsein wie schlimm die Auswirkungen auf ein Allergen sein können, ist den meisten Kindern, aber auch Erwachsenen oft fremd. Diesen Missstand müssen Kinder mit Allergien im Alltag ausbaden.

Um herauszufinden, welchen Angriffen Nahrungsmittelallergiker ausgesetzt sind, ließ das Wissenschaftlerteam Jugendliche und Erwachsene, als auch Eltern von Kindern mit Lebensmittelallergien, Fragebogen ausfüllen. Insgesamt wurden 353 Erhebungen abgeschlossen.

Mobbing wegen Allergien auf Lebensmittel

Die Mediziner mussten feststellen, dass Kinder und Jugendliche verschiedenster Altersgruppen erheblichen Repressalien und Schikanen wegen ihrer Nahrungsmittelallergien ausgesetzt waren. Insgesamt berichtete rund ein Viertel (24%) der Nahrungsmittelallergiker, dass man sie mobbt, hänselt oder belästigt, nur weil sie eine oder mehrere Allergien auf Nahrungsmittel haben.

Immer wieder gemobbt, gehänselt und schikaniert

Von denen, die gemobbt, gehänselt oder belästigt wurden, berichteten fast alle (86%) sogar über mehrere Episoden. Betrüblich erscheint, dass 82 % der Vorfälle in der Schule auftraten und 80% wurden vor allem durch Mitschüler verübt.

Sogar Lehrer waren Täter

Erschreckend ist, dass 21% Prozent derjenigen, die gemobbt, gehänselt oder schikaniert wurden, berichteten, dass die Täter Lehrer oder Schulpersonal gewesen waren. Fast alle Kinder und Jugendliche (79%), die Probleme wegen ihrer Allergien hatten, berichteten, dass sie ausschließlich wegen dem Vorhandensein von Nahrungsmittelallergien geärgert und schikaniert wurden.

Vorsätzliche Körperverletzung an der Tagesordnung

Über die Hälfte (57%) der Allergiker, die gemobbt wurden, konnten konkrete Ereignisse beschreiben, z. B., dass sie bewusst mit einem Allergen berührt wurden, ein Allergen übergeworfen bekamen oder ihnen etwas, auf das sie stark allergisch reagieren, mit voller Absicht zugefächelt wurde. Mehrere der Befragten teilten sogar mit, dass man ihnen Essen vorsätzlich mit Allergenen verunreinigt hatte.

Gezielte Aufklärung zum Umgang mit Allergikern ist notwendig

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie, die im medizinischen Fachjournal Annuals of Allergy, Asthma und Immunology im Oktober 2010 publiziert wurde, legten unter dem Strich offen, dass Schikanen, Hänseleien und Mobbing bei Kindern mit Nahrungsmittelallergie absolut üblich zu sein scheinen. Die Wissenschaftler stellten zusätzlich fest, dass solche Vorkommnisse nicht nur häufig, sondern durchaus wiederholt auftreten. Die Mediziner gaben als Resümee zu bedenken, dass diese Vorfälle emotionale und körperliche Risiken darstellen und fordern, dass die Problematik im Zuge einer gezielten Aufklärung zum angemesseneren Umgang mit Nahrungsmittelallergiekern angegangen werden sollte.

Allergien dürfen nicht länger bagatellisiert werden

In der Praxis müssten die Erkenntnisse aus der Studie insofern umgesetzt werden, dass insbesondere Lehrpersonal an Schulen und Kindergärtnerinnen informiert werden, wie gefährlich eine Allergie sein kann. Sachkundige Aufklärung und konsequente Umsetzung kann die Lebensqualität von Allergikern drastisch verbessern.

Ein Beispiel wie der Umgang mit schweren Allergien auch gehandhabt werden kann:

In den USA ist es an vielen Schulen und Universitäten untersagt, Erdnüsse, Erdnussbutter, und andere Nahrungsmittel, die Erdnüsse enthalten, zu essen oder mitzubringen. Eine Konsequenz, weil Erdnüsse bei Allergikern tödlich verlaufende Schockreaktionen auslösen können.

Es muss jedoch nicht gleich ein allergischer Schock sein, es reicht schon, dass sich ein Allergiker einige Stunden bis Tage nur deshalb schlecht fühlt und mit gesundheitlichen Beschwerden zu kämpfen hat, weil sich Mitschüler oder Lehrpersonal der Tragweite einer allergischen Reaktion nicht bewusst sind und die sensibilisierte Person mit Allergenen in Kontakt bringen.

Eine allergische Person bewusst mit einem Allergen zu konfrontieren oder extra nicht vor einem Allergen in ihrem Umfeld zu warnen, um zu beobachten, ob der Allergiker „tatsächlich“ reagiert oder ob er es sich nicht „einbildet“, kann schwere Folgen haben, die hinterher jeder bedauert.

Allergien – Es kann jeden treffen, jeden Tag

Allergien können plötzlich, von einem Tag auf den anderen eintreten, sie können jeden betreffen – Kinder, Jugendliche, Erwachsene, als auch alte Leute. Wissenschaftliche Erhebungen gehen davon aus, dass in nicht allzu ferner Zukunft jeder Zweite unter Allergien leiden wird. Umso wichtiger erscheint es, dass unser soziales Umfeld zügig dem Umgang mit Menschen, die unter Allergien leiden besser gerecht wird. Zu wissen, was eine Allergie ist, wie man sich und andere schützt, was man unternehmen kann, wenn jemand eine schwere allergische Reaktion hat, muss Allgemeinwissen werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 18. Oktober 2010

Literatur:

Lieberman JA, Weiss C, Furlong TJ, Sicherer M, Sicherer SH. , Mobbing unter Kindern mit Nahrungsmittelallergie, Ann Allergy Asthma Immunol. 2010 Okt; 105 (4) :282-286.


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