Kaiserschnitt als Business Idee entdeckt?


Kaiserschnitt oder natürliche Geburt?

Die „Geburt nach Plan“ hat Konjunktur, fast jede dritte Geburt ist ein Kaiserschnitt. Wurde die Schnittgeburt vor Jahren nur als rettende Option bei Mehrlings- oder Komplikationsgeburten angesehen, wird der Kaiserschnitt werdenden Müttern mittlerweile häufig als schmerzfreie Alternative zur natürlichen Geburt offeriert. Was sind die Hauptgründe für den drastischen Anstieg der operativen Geburt? Der Altersanstieg der werdenden Mütter? Oder ist die Geburt nach „Plan“ ein perfider Plan, um Kliniken finanziell und personell über Wasser zu halten?

Gründe für den Anstieg von Kaiserschnittgeburten

Rund ein Drittel aller Geburten erfolgen in Deutschland per Kaiserschnitt, wobei sogar einzelne Bundesländer deutlich hervorstechen. Die KKH-Allianz, als viertgrößte bundesweite Krankenkasse mit über zwei Millionen Versicherten, gab dazu am 10. Mai 2011 folgende Informationen bekannt:

„Die Kaiserschnittquote ist in den neuen Bundesländern deutlich niedriger (27 Prozent) als in den alten Bundesländern (33 Prozent). Spitzenreiter war im vergangenen Jahr Rheinland-Pfalz mit einer Kaiserschnittquote von 38 Prozent. In Sachsen war sie mit 25 Prozent am niedrigsten.

Viele Frauen entscheiden sich heutzutage erst viel später für ein Baby als noch vor ein paar Jahren. Das zeigt eine aktuelle Auswertung der Versichertendaten der KKH-Allianz. Demnach ist die Zahl der werdenden Mütter im Alter von 20 bis 24 Jahren zwischen 2004 und 2010 um 28 Prozent gesunken. Gleichzeitig ist die Geburtenrate der 40 bis 44-Jährigen um 46 Prozent gestiegen.

„Angesichts der steigenden Zahl an Risikoschwangerschaften, zu denen Spätgebärende gehören, beobachten wir seit mehreren Jahren einen Anstieg der Kaiserschnittgeburten“, so Dr. Elisabeth Siegmund-Schultze, Gynäkologin bei der KKH-Allianz.

„Ein Kaiserschnitt kann in vielen Fällen medizinisch notwendig sein, zum Beispiel bei einer Querlage des Kindes oder bei eintretenden Komplikationen wie dem Abfall der kindlichen Herzfrequenz“, erklärt Siegmund-Schultze. Allerdings gibt es auch immer mehr Frauen, die sich ohne entsprechende medizinische Indikation einen Kaiserschnitt wünschen. „Dieser Trend ist problematisch“, sagte die Medizinerin der KKH.

Problematisch und auffällig, denn die medizinischen Einrichtungen in Deutschland und ihre Ausstattung sollten genau das Gegenteil erwarten lassen.

WHO rät nur zu Kaiserschnitt, wenn konkrete Indikation besteht

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht sich für eine Geburt per Kaiserschnitt nur dann aus, wenn eine normale Geburt für das Leben von Mutter oder Kind eine Gefahr bergen könnte. Nach Schätzungen der WHO ist demnach eine Kaiserschnittgeburt nur bei zehn bis fünfzehn Prozent aller Schwangerschaften indiziert. Wünsche von Müttern nach einer Geburt durch Kaiserschnitt stellen keine Indikation dar, vor allem weil normale Geburten heutzutage durch die intensive Betreuung und Überwachung der Schwangerschafts- und Geburtsphase kaum noch Risiken bergen.

Fast jede 3. Geburt in Deutschland ein Kaiserschnitt

Wenn keine Mehrlingsgeburt oder eine schwierige Position des Babys im Mutterleib vorliegt, oder sonstige Komplikationen zu erwarten sind, spricht eigentlich in Deutschland so gut wie Nichts für eine Geburt per Operation. Zumindest, wenn man die positiveren Aspekte für Mutter und Kind abwägt.

Wirft man jedoch einen Blick auf die schwierige Lage, in der sich die meisten Kliniken und Krankenhäuser in Deutschland befinden, gerät man ins Grübeln:

Ein Kaiserschnitt ist im Gegensatz zu einer normalen natürlichen Geburt ein kalkulierbarer Vorgang. Die Mutter geht in der Regel in der 39. Woche ins Krankenhaus und nach einer 60-minütigen Operation ist das Baby da. Bei der dünnen Personalbesetzung, die fast überall herrscht, kommt der Kaiserschnitt daher sehr gelegen. Der genaue Tag und die Stunde der operativen Entbindung kann genau terminiert werden. Dadurch entstehen keine personellen Engpässe wie bei einer personalintensiveren, natürlichen Geburt, weil diese bis zu 12 Stunden dauern kann. Kalkulierbar ist auch die Vergütung einer Geburt. Für eine normale Geburt gibt es im Schnitt 1500€ und für eine Kaiserschnittgeburt rund 3000€, also das Doppelte. Für die eine oder andere Klinik, der finanziell das Wasser bis zum Hals steht, sind diese Aspekte sicherlich verlockend.

Der Wunsch nach einer Geburt ohne Schmerz

Eine Kaiserschnittgeburt auf Wunsch ist in Deutschland in den Kostenplänen der Krankenkassen nicht zur Erstattung vorgesehen. Offiziell wird für die operative Schnittgeburt nur dann gezahlt, wenn sie für medizinisch notwendig erachtet wird. Wie erwähnt, geht die WHO bei 10-15% der Geburten von einer Indikation für einen Kaiserschnitt aus. Ist bei dem verbleibenden Prozentsatz von Müttern die Angst vor dem Geburtsschmerz und Panik für eventuelle Geburtsrisiken der Beweggrund für ihre Entscheidung?

Obwohl das Geburtserlebnis für die Bindung zwischen Mutter und Kind unvergleichbar wichtig ist, wählen werdende Mütter immer häufiger die operative Geburtsvariante. Meist ist es tatsächlich die Angst vor dem Schmerz, den eine natürliche Geburt mit sich bringt. Es ist jedoch ein Irrglaube, dass ein Kaiserschnitt „schmerzfrei“ sei und für Mutter und Kind der komplikationsfreieste Weg. Nach einem Kaiserschnitt ist u.U. mit monatelang andauernden Schmerzen der Operationsnarbe zu rechnen. Diese müssen ohne Schmerzmittel ertragen werden, weil Medikamente das Kind schädigen könnten, wenn es gestillt wird. Noch zwei Aspekte, an die Mütter denken sollten, die möglichweise unschöne Operationsnarbe ist bleibend und die nächste Geburt ist mit größter Wahrscheinlichkeit wieder eine Schnittgeburt, weil mit dem Aufreißen der Operationsnarbe gerechnet werden muss.

Risiken bestehen bei einer Kaiserschnittgeburt wie bei jeder anderen Operation, in diesem Falle für die gebärende Mutter und das Kind. Neben den Komplikationen, wie sie bei jeder Operation z.B. als Narkosekomplikationen auftreten können, sind u.a. auch die Gefahr einer Thrombose und Infektionen gegeben. Plazentaverwachsungen durch Operationsnarben gehören zu den weiteren Risiken, die in Betracht gezogen werden müssen.

Kaiserschnitt, die Folgen für ein Kind können weitreichend sein

Die Risiken für ein Kind, das mit Kaiserschnitt zur Welt kommt, sind weitreichender als lange vermutet. In den letzten Jahren haben Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern neue Erkenntnisse gewonnen, die uns sehr nachdenklich stimmen sollten und dafür sprechen, dass eine natürliche Geburt, wann immer es möglich ist, einer Kaiserschnittgeburt vorzuziehen ist.

Im Juli 2009 veröffentlichten schwedische Wissenschaftler vom renommierten Karolinska Institut, dass eine Geburt per Kaiserschnitt die Erbmasse eines Neugeborenen nachteilig beeinflusst. Für die Forscher war diese neue Erkenntnis eine Erklärung für die Feststellungen anderer Wissenschaftler, die herausgefunden hatten, dass Kinder, die durch Kaiserschnitt zur Welt kommen, im späteren Leben ein höheres Risiko haben an Asthma, Diabetes oder Krebs zu erkranken. Für die Veränderungen der DNA machen die Wissenschaftler aus Stockholm den unnatürlichen und plötzlich eintretenden Geburtsstress verantwortlich. Die DNA der Blutkörperchen, die für das Immunsystem zuständig sind, unterschied sich von der bei Kindern, die auf natürlichem Weg zur Welt kamen. Die Natur hat es so vorgesehen, dass der Geburtsstress langsam aufgebaut wird, was völlig normal und leicht zu verarbeiten ist. Bei der Kaiserschnittgeburt tritt der Stress ohne Vorankündigung ein und ist laut der Wissenschaftler offensichtlich dafür verantwortlich, dass bestimmte Gene aktiviert oder deaktiviert werden.

Die WHO hält Kaiserschnittgeburten noch aus anderen Gründen für nicht harmlos. Daten von mehr als 110 000 Geburten wurden ausgewertet. Über 27% der Babys waren per Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Die intensive Analyse der Daten brachte zutage, dass der operative Eingriff, wenn er ohne konkrete Indikation erfolgte, das Risiko, dass die Mutter bei der Geburt verstarb oder schwere Komplikationen auftraten, um rund das Dreifache ansteigen ließ. Wenn der natürliche Geburtsvorgang bereits eingetreten war und es wurde dann ein Kaiserschnitt durchgeführt, erhöhte sich dieses Risiko um den Faktor 14.

Natürliche Geburt statt „Geburt nach Plan“

„Der Natur nicht ins Handwerk pfuschen“, eine alte Redewendung, die man sich bei der Überlegung bezüglich einer natürlichen Geburt oder einer Kaiserschnittgeburt, in den Sinn rufen sollte, wenn keine ernsthafte Indikation besteht. Das Geburtserlebnis, das von ungeheurer Wichtigkeit ist, nicht nur für die seelische Bindung von Mutter und Kind, sollte man sich nicht nehmen lassen. Die Natur hat es so eingerichtet, dass der Geburtsschmerz einfach vergessen und Endorphin ausgeschüttet wird, ein Botenstoff, der ein Glücksgefühl im Körper hervorruft. Der erste Schrei des Babys, der erste Blick auf das Neugeborene, das erste im Armhalten, das sind unvergessliche Eindrücke, die sich keine Mutter nehmen lassen sollte. Sie sind unbezahlbar und sollten keiner Mutter aus anderen Beweggründen, außer einer wirklich konkreten medizinischen Indikation, genommen werden.

Autor: Silvia K. Müller, CSN – Chemical Sensitivity Network, 1. Juni 2011

Literatur:

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10 Kommentare zu “Kaiserschnitt als Business Idee entdeckt?”

  1. Tim 1. Juni 2011 um 14:35

    Danke für diesen aufschlussreichen Artikel! Dass eine Kaiserschnitt-Geburt nur ca. 1 Std. dauert im Vergleich zu bis zu 12 Stunden bei einer natürlichen Geburt, die Kaiserschnitt-Geburt aber im Widerspruch dazu dem Krankenhaus doppelt so viel einbringen kann, macht natürlich nachdenklich. Wie kann denn sowas sein?
    Grüße, Tim

  2. Annemarie 1. Juni 2011 um 15:40

    …ich finde die Vorstellung gar gruselig aber nicht abwegig. Mich würde aber viel mehr interessieren, was die dazu sagen, die all diese Kaiserschnitte durchführen. Spannend wäre eine Stellungnahme eines Krankenhauses bzw. eines Arztes!

  3. Kaiserschnitt als Business Idee entdeckt? - DasElternforum.de 1. Juni 2011 um 16:38

    […] […]

  4. J. 2. Juni 2011 um 13:11

    Es ist völliger Quatsch, dass eine KS-Geburt soviel teurer ist als eine spontan Geburt. Es kommt immer auf den Einzelfall an.
    Eine komplizierte spontan Geburt ist viel teurer als ein direkt geplanter KS. Wenn dann die spontan Geburt noch im sec. KS endet so wird dies am teuersten. Ggf. wenn Mutter oder Kind einen Schaden erleidet, tragen die Kassen ggf. ein Leben lang Kosten für die Behinderung bzw. Verletzung einer spontan Geburt.
    Es ist bewiesen, wenn wir so günstig wie geht gebären wollen für alle, so müssten alle per geplanten KS entbinden.

  5. Kaiserschnitt als Business Idee entdeckt? 6. Juni 2011 um 14:06

    […] […]

  6. Kaiserschnitt als Business Idee entdeckt? - Baby: Babyforum.de 6. Juni 2011 um 14:39

    […] als Business Idee entdeckt? /* */ Hallo, ich habe folgenden Artikel enteckt und muss sagen, ich finde den […]

  7. Sandy 6. Juni 2011 um 14:48

    Aber wieviele Geburten sind denn kompliziert? Die Minderzahl. Oder gibt es offizielle Zahlen die dagegen sprechen?

    Werdende Mütter bekommen Panik vor der Geburt gemacht und denken nicht drüber nach unter welchen Umständen ihre Mütter und Großmütter Kinder bekommen haben. Da war wenn es hochkam eine Hebamme und ein Dorfarzt und alles ging glatt.

    Nein, ich bin für natürliche Entbindung und mir kann keiner erzählen, dass bei jeder 3. Geburt ein Kaiserschnitt tatsächlich von Nöten ist.

  8. Nancy 8. Juni 2011 um 21:06

    Dieser Artikel ist kompletter Unsinn. Die DNA ändert sich beim Geburtsvorgang? Wer glaubt denn sowas???

    Wenn man sich mal bei den Müttern umschaut, die Geburtsberichte studiert, verlaufen die meisten Geburten zumindest über ca. 12 Stunden, es werden Medikamente eingesetzt, Dammschnitte und Saugglocken, tagelange Einleitungen. Das alles kostet Geld, jede einzelne Handlung. Die Nachsorge von Rissen und Schnitten, evtl. Blutungen, Ausschabungen, Kinder auf der Intensivstation noch gar nicht berücksichtigt.

    Es mag sein, dass die Kaiserschnittrate immer höher wird und nicht jeder immer nötig ist, aber die Zeiten ändern sich. Es gibt immer mehr Risikoschwangerschaften und Notsectios, das zählt da alles mit rein.

    Und nur weil früher die Frauen so gut wie alle spontan entbunden haben, heißt das nicht, dass sie sich heute wieder so entscheiden würden. Sie hatten keine Wahl, heute haben Frauen die und sie nutzen sie auch. Ich hatte einen Kaiserschnitt und dennoch ein wundervolles Geburtserlebnis. Warum wird ein Geburtserlebnis immer nur auf die Vagina reduziert? Gebären heißt nicht pressen, sondern ein Baby in die Welt setzen und das machen ja nun alle, egal wie sie entbinden.

    Dieser Artikel fördert das negative Bild des Kaiserschnittes in unserer Gesellschaft und sorgt nur dafür, dass sich all die Frauen, die per Sectio entbinden mussten oder müssen, sich nicht gut damit fühlen und ihnen ihr ganz eigenes Geburtserlebnis abgesprochen wird.

  9. Silvia 9. Juni 2011 um 10:27

    Warum sollte der Artikel kompletter Unsinn sein Nancy? Weil er einigen etwas Business abgraben könnte, dadurch dass Schwangere ins Nachdenken kommen?

    Du fragst: „Wer glaubt denn sowas???“ in Bezug auf dass sich die DNA ändert? Nun, die Wissenschaftler, die den Lancet Artikel über ihr Peer Review Verfahren zugelassen haben, die glauben das unter anderem. Der Lancet ist eine der renommiertesten Medizinfachzeitungen. Und um konkret zu werden, es geht nicht um „Glaubensfragen“, sondern um wissenschaftliche Erkenntnisse die nachprüfbar sind.

    Dass eine natürliche Geburt im Normalfall, also ohne dass eine medizinische Indikation besteht, einem Kaiserschnitt vorzuziehen ist, dürfte unstrittig sein.

    Kaiserschnitt? Ja, wenn die Indikation besteht.
    Kaiserschnitt, weil Angst besteht und keine konkrete medizinische Indikation? Das ist Unsinn und Geschäftemacherei auf Kosten von Müttern und Kindern.

  10. Minaurus 19. März 2012 um 10:19

    Fast ein Drittel aller Krankenhausentbindungen per Kaiserschnitt

    ..Im Jahr 2010 haben 656 390 Frauen in Deutschland in einem Krankenhaus entbunden, davon fast ein Drittel (31,9 %) per Kaiserschnitt. Der Anteil der Kaiserschnittentbindungen ist nach
    Mitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) gegenüber 2009 um 0,6 Prozentpunkte gestiegen. Innerhalb der letzten 20 Jahre hat er sich jedoch mehr als verdoppelt (1991: 15,3 %). Andere Geburtshilfen wurden nur selten angewandt: eine Saugglocke (Vakuumextraktion) wurde bei 5,3 % der Entbindungen eingesetzt, eine Geburtszange bei 0,6 %.

    Im regionalen Vergleich wurden 2010 anteilig die meisten Kaiserschnitte (36,6%) im Saarland vorgenommen, gefolgt von Rheinland-Pfalz (34,8 %) und Hessen (34,2 %). In Sachsen (22,9 %)fanden die wenigsten Kaiserschnittentbindungen statt.

    Im Jahr 2010 führten 807 von 2 064 Krankenhäusern Deutschlands Entbindungen durch, das entspricht einem Anteil von 39,1 %. 2009 lag der Anteil bei 39,4 %….

    Eine Tabelle bietet ww.destatis.de.

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