Antibiotika gegen akute Bronchitis unnötig

Feuchtes Wetter, Heizungsluft und viele Menschen auf engem Raum begünstigen Viruskrankheiten wie akute Bronchitis. Fünf Prozent der Erwachsenen leiden jährlich etwa unter dieser Erkrankung, die durch Entzündung der Bronchien und der Lunge eintritt. Als Mittel der Wahl werden sehr häufig Antibiotika und bei fast hundert Prozent der Patienten Hustenmedizin verschrieben. Völlig sinnlos, sagen Wissenschaftler der Virginia Commonwealth Universität, denn es ist keine Indikation ersichtlich, dass Antibiotika und Hustenmittel bei akuter Bronchitis helfen. (1) Antibiotika haben weit reichende Nebenwirkungen und können Resistenzen und Allergien auslösen, (2) zusätzlich schädigen sie die Natur.

Winterzeit – Erkältungszeit

Bei der vorherrschenden feuchten Witterung und den kurzen Tagen halten wir uns vornehmlich in Innenräumen auf. Die Ansteckungsgefahr für bakterielle und virale Infekte steigt.

Top- Diagnose in Arztpraxen

Die Diagnose „Akute Bronchitis“ ist eine der am häufigsten gestellten Diagnosen in Allgemeinpraxen, vor allem bei Kindern, Alten und geschwächten Personen. Treffender wäre jedoch in den meisten Fällen die Diagnose „Akuter Atemwegsinfekt“, da in der Regel nicht nur die Bronchien, sondern auch andere Teile der Atemwege betroffen sind.

Nutzlos bei akuter Bronchitis

Antibiotika sind bei unkomplizierter Bronchitis meist ohne großen Nutzen, doch trotzdem gehört Bronchitis zu den häufigsten Anwendungsgebieten für Antibiotika. Oft erfolgt die Verordnung auf Wunsch der Patienten oder aus der Sorge des Arztes heraus, er könnte eine sich entwickelnde Lungenentzündung übersehen. Wichtige Gegenargumente liefert eine im renommierten amerikanischen Ärzteblatt JAMA erschiene Studie. Prof. Dr. Richard P. Wenzel und sein Team sichteten auf kritische Weise die internationale medizinische Fachliteratur. Sie untersuchten wissenschaftliche Studien und klinische Versuche dahingehend, ob die Wirksamkeit von Antibiotika und Hustenmedikamenten bei akuter Bronchitis nachgewiesen wurde.

Nahezu alle Ursachen für akute Bronchitis sind viral bedingt und werden von Organismen verursacht, für die es keine bekannte Therapie gibt und die nicht durch eine Behandlung mit einem Antibiotikum beeinflusst werden können.

Bei einem relativ geringen Prozentsatz von fünf Prozent liegt die Ursache für die Bronchitis bei irritierenden Substanzen aus der Umwelt. Nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz von Fällen mit akuter Bronchitis wird überhaupt durch Bakterien verursacht. Professor Wenzel meinte daher abschließend in seinem Bericht, dass man anhand der Daten aus der medizinischen Fachliteratur behaupten kann, dass landläufig keine evidenz-basierte Medizin praktiziert wird, wenn man die gängige Therapieweise von akuter Bronchitis objektiv betrachtet.

Auch vor Wenzel und seinem Team gab es bereits Kritiker für die unsinnige Behandlungsweise. So wies auch Mark Ebell von der Michigan State University darauf hin, dass selbst Patienten mit leichtem Fieber oder grün gefärbten Sputum nicht unbedingt Vorteile von der Therapie mit einem Antibiotikum hatten. Die Ärzte sollten deshalb, so Ebell, den Mut haben, ihren Patienten zu erklären, dass eine akute Bronchitis in der Regel drei Wochen dauert, ob mit oder ohne Antibiotika. Genauso verhält es sich bei der Verabreichung von Hustenmedizin gegen akute Bronchitis, sagten die Wissenschaftler der Virginia Commonwealth University, denn es ist keine Indikation aus der medizinischen Literatur ersichtlich, dass sie helfen würde.

Das American College of Physician und die U.S. Centers for Disease Control haben als Konsequenz Leitlinien erstellt, die Mediziner dazu auffordern, damit aufzuhören, Patienten mit akuter Bronchitis einfach automatisch Antibiotika zu verschreiben.

Erhebliche Nebenwirkungen

Bei 70 – 80 % der Patienten wird bei akuter Bronchitis Antibiotika für einen durchschnittlichen Zeitraum von fünf bis zehn Tagen verabreicht.

Die Einnahme von Antibiotika kann mit erheblichen Nebenwirkungen und Resistenzbildung einhergehen. Resistenzen gegenüber Antibiotika können sehr folgenreich sein, weil sie automatisch bei einem Notfall bei anderen schweren Infektionen ausscheiden, was tödliche Folgen haben kann.

Als Hauptnebenwirkungen von Antibiotika sind Bauchschmerzen, Durchfall und Darmstörungen bekannt. Sie können auch in seltneren Fällen organtoxische Wirkungen wie Nieren- und Hörschäden auslösen. Zusätzlich ruinieren sie die Darmflora, was im weiteren Verlauf zu erhöhter Infektanfälligkeit, Allergien, Asthma und nicht selten zu rasanter Vermehrung des Candida Hefepilzes führt. (3)

Auch Allergien können durch die Einnahme von Antibiotika auslöst werden, was zu deren dramatischen Anstieg weltweit beigetragen hat. Besonders prädestiniert für die Entwicklung von Allergien nach Einnahme von Antibiotika, sind Kinder bis zum fünften Lebensjahr. (3,6) Als eklatant zeigten sich die Auswirkungen auch bei Kleinkindern, die im Verlauf ihres ersten Lebensjahres Antibiotika bekamen, denn sie leiden später weitaus eher unter Asthma. (3, 5)

Unnötige Kosten für das soziale System eindämmen

Ganz abgesehen vom fehlenden Nachweis, dass Antibiotika bei akuter Bronchitis überhaupt helfen, können sie sehr teuer sein und durch entstehende Nebenwirkungen zusätzlich weitere Kosten und Krankenstand verursachen.

Prof. Dr. Wenzel von der VCU weißt daher mahnend darauf hin, dass auch der Patient einen Teil der Verantwortung für diesen Missstand mit trägt, denn manche Patienten kommen bei akuter Bronchitis mit der Erwartung auf ein Rezept für Antibiotika oder Hustenmedizin in die Praxis, was den Arzt in Zugzwang bringt. Ein verantwortungsvoller Arzt hilft seinem Patienten jedoch am besten, wenn er ihn klar darüber aufklärt, dass beiden Medikamentengruppen in diesem Falle unnötig und schädlich sind, weil es keinen Nachweis in der wissenschaftlichen Literatur gibt, dass Antibiotika oder Hustenmittel für akute Bronchitis wirksam sind. Auf diese Art können im Gesundheitssystem, wie Prof. Dr. Wenzel betont, als weiterer positiver Nebeneffekt, große Summen eingespart werden.

Die Natur leidet mit

Ein weiterer großer Schaden durch zu häufige und unnötige Verabreichung von Antibiotika entsteht der Natur, insbesondere den Gewässern. Durch den unzureichenden Abbau der Antibiotika im Körper gelangen Reste von Antibiotika ins Abwasser, wodurch Bakterien in den Kläranlagen und Abwasserkanälen durch den dauernden Selektionsdruck Resistenzen ausbilden, was der Umwelt großen Schaden zufügt.

Tipps bei akuter Bronchitis

Bisher gibt es wenig, was eine ausgebrochene akute Bronchitis stoppen kann. Viel mehr, als schleimlösende Medikamente kann ein Arzt bei einem normalen Verlauf kaum anbieten. Natürliche Präparate gegen die Entzündung, wie Bromelain, Kreuzkümmel, Omega III Fischöl und Antioxidantien wie Vitamin C und E, N-Acetylcystein, wie auch Zink, haben sich als sehr unterstützend erwiesen.

Der Hustenreiz sollte, wenn möglich, nicht unterdrückt werden, da er zum Selbstheilungseffekt beiträgt.

Viel trinken, möglichst Wasser, Kräutertee oder Grüner Tee, der zusätzlich sehr reich an Antioxidantien ist, hilft den Schleim zu lösen und gibt dem Körper Flüssigkeit zurück. Raucher sollten sofort nach Ausbruch der Krankheit das Rauchen einstellen. Auch auf Duftstoffe sollte verzichtet werden, weil sie die Atemwege unnötig reizen.

Nicht zuletzt sollte man Geduld für den eigenen Körper entwickeln, denn auch wenn akute Bronchitis schmerzhaft und Kräfte zehrend ist, sie verschwindet meist von ganz alleine, sobald die Entzündung der Bronchien abklingt.

Autor: Silvia K. Müller, Januar 2007

Literatur:

  1. Richard P. Wenzel, Alpha A. Fowler III, Press Release: Antibiotics Unnecessarily Prescribed For Acute Bronchitis, Virginia Commonwealth University, New England Journal of Medicine, 16. Nov. 2006
  2. Linder JA, Singer DE, Stafford RS., Association between antibiotic prescribing and visit duration in adults with upper respiratory tract infections, Clin Ther. 25 (9):2419-30. 2003 Sep.
  3. Mairi C. Noverr,1 Rachael M. Noggle,1 Galen B. Toews,1 and Gary B. Huffnagle1,2, Role of Antibiotics and Fungal Microbiota in Driving Pulmonary Allergic Responses, Infection and Immunity, p. 4996-5003, Vol. 72, No. 9
  4. Mark Ebell, JAMA 2005; 293: 3062-3064, September 2004
  5. Marra F, Lynd L, Coombes M, Richardson K, Legal M, Fitzgerald JM, Marra CA., Health Economics Program, Centre for Clinical Epidemiology and Evaluation, Vancouver Coastal Health Research Institute, Faculty of Pharmaceutical Sciences, Does antibiotic exposure during infancy lead to development of asthma?: a systematic review and metaanalysis. Chest. 2006 Mar; 129 (3):610-8.
  6. Bjorksten, B., E. Sepp, K. Julge, T. Voor, and M. Mikelsaar. Allergy development and the intestinal microflora during the first year of life. J. Allergy Clin. Immunol. 108:516-520.2001

3 Kommentare zu “Antibiotika gegen akute Bronchitis unnötig”

  1. Oscar 3. Januar 2008 um 19:57

    Antibiotika wird in Deutschland viel zu leichtsinnig verordnet. Eigentlich sind derartige Medikamente für lebensbedrohliche Erkrankungen vorgesehen. In Deutschland werden Antibiotika weit über Durchschnitt verschrieben, im Vergleich zu anderen Ländern, mit schwerwiegenden Folgen. Es können sich Resistenzen und im dringenden Bedarfsfall helfen diese Medikamente dann nicht mehr.

    Medikamente mit solchen starken Nebenwirkungen bei Erkrankungen wie Bronchitis, zu verordnen, ist ein leichtsinniges Unterfangen. Hier würden weitaus verträglichere Präparate sicher besser Dienste bewirken.

  2. Violetta 2. Februar 2008 um 23:31

    Das ist mir auch aufgefallen, dass die Ärzte sehr schnell Antibiotika verschreiben, obwohl längst nicht alle anderen Möglichkeiten der Medizin ausgeschöpft wurden. Bei Kindern kommt Antibiotika ebenfalls sehr schnell zum Einsatz.

    Ich persönlich finde die alt bewährten Hausmittel nicht verkehrt. Sollten diese nicht helfen, besteht immer noch die Möglichkeit, härtere Geschütze aufzufahren. Allerdings würde ich bei aktuter Bronchitis keine Antibiotika einnehmen, auch nicht, wenn ich nicht an MCS erkrankt wäre. Durch meine schwere Chemikaliensensitivität und gleichzeitiger Medikamentenunverträglichkeit, bin ich bei der Medikation sowieso ziemlich eingeschränkt.

    Naturheilpräparate sind mit Sicherheit eine gute Alternative.

  3. Olaf 25. Dezember 2011 um 23:21

    Huch, das Thema ist zwar jahrealt, aber so einen Quatsch darf man hier nicht stehenlassen:

    Deutschland steht was die Antibiotika Nutzung angeht seit Jahren (Zahlen bis 2008 bei ESAC, mal danach googeln) im *unteren* Dritten aller EU-Staaten.

    Wie Oscar in seinem Posting wohl auf „weit über dem Durchschnitt“ kommt, ist mir schleierhaft. Und ist schlicht falsch.

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