Nicht in die Krankheit vertiefen

Allergiker und Umweltkranke werden häufig mit ihren Beschwerden in Frage gestellt. Man solle sich nicht zuviel mit den eigenen Problemen beschäftigen, nicht soviel darüber lesen, dann gehe es einem besser, sind Standartredewendungen mit denen Erkrankte konfrontiert werden. Einen besser sitzenden Schlag in die Magengrube kann sich niemand vorstellen, der täglich mit seinem Körper kämpfen muss. Keiner käme bei einem Krebs- oder AIDS Kranken auch nur ansatzweise auf die Idee, die Existenz der Krankheit gegenüber dem Erkrankten derart in Frage zu stellen, zu hinterfragen oder in Abrede zu stellen.

Adrette Kleidung, ein wenig ökologisches Make up ohne Allergene, schon fühlt sich jeder besser. Die Fassade kann man richten und es hilft einem emotional, wenn wenigstens nach außen alles paletti ist. Doch auch das darf bei Allergikern und Umweltkranken nicht sein. Sie berichten, dass Ihnen von Bekannten und sogar von Ärzten entgegen gehalten wird, sie sähen noch gut aus, so schlimm könne es nicht sein. Genau das Gegenteil wird Erkrankten mit anderen schweren Krankheiten zuteil. Sie bekommen regelrecht Beifall, weil sie sich eben nicht hängen lassen, sich noch hübsch anziehen und nach außen die Schwere ihres Leidens kaschieren.

Sollten Allergiker und Umweltkranke besser wie eine graue Maus auftreten und keine Literatur mehr in die Hand nehmen über ihre Erkrankung? Steht Wissen und adrettes Aussehen einer Verbesserung des Gesundheitszustandes im Wege?


7 Kommentare zu “Nicht in die Krankheit vertiefen”

  1. Kathy 10. Januar 2008 um 12:23

    Im Gegenteil, wer sich auf Ärzte und die fünf Minuten verläßt, die sie noch haben pro Patienten (maximal), der ist verlassen.

    Lesen, lesen, lesen, das ist meine Devise.

    Wer Euch hinstellt, als würdet Ihr Euch „kranklesen“, der war noch nicht krank. Ich hätte auch besseres zu tun, als mich durch Literatur und Webseiten von Selbsthilfegruppen zu wälzen. Sozusagen. Aber was ich bei den Selbsthilfegruppen oder Infoseiten von Pure Nature gelesen haben, hat mich in eine Position gebracht, die wieder Leben bedeutet. Auf das Gerede von Leuten höre ich schon lange nicht mehr, denn sie wissen nicht von was sie da überhaupt reden.

  2. Lagune 11. Januar 2008 um 10:15

    Auf das Äußere achten sollte keiner aufgeben. Meine Omi sagte schon immer „Wenn man ankommt wie Lumpen, wird man behandelt wie Lumpen.“

    Die Leute würden uns gerne in eine Kiste stecken und den Deckel drauf, damit sie nicht nachdenken müssen und nichts ändern müssen. Die chemikaliensensiblen Menschen haben doch fast nichts mehr zum Erfreuen. Warum ihnen nicht gönnen, daß sie sich nett kleiden oder eine witzige Kette umhängen?

    Nein, wir halten uns aufrecht. Es gibt keinen Grund, warum wir uns verstecken sollten oder uns nicht weiterbilden sollten.

  3. Molly 11. Januar 2008 um 11:15

    Weiterbilden halte ich für sehr wichtig, denn dadurch haben wir auch Abwechslung in unserem Leben, das krankheitsbedingt leider einseitiger geworden ist, als es in besseren Zeiten der Fall war, oder?

    Dass wir uns z. B. im Internet oder anderswo über Chemikaliensensitivität informieren, ist auch ganz selbst verständlich. Bis wir endlich die wahren Ursachen unserer Gesundheitsstörung herausgefunden haben, vergehen meist Jahre. Auch MCS-Kranke haben ein Recht darauf zu wissen, was es genau bedeutet chemikaliensensibel zu sein. Da man in Deutschland ansonsten versucht dieses unter den Teppich zu kehren, muss man sich als Umweltkranker selber informieren. Bei anderen Erkrankungen ist das persönliche Informieren sogar gewünscht, wenn es um Vorbeugung von Herzinfarkt und Schlaganfall geht. Warum verfährt man nur so mit Umweltkranken, wie MCS-Patienten?

    Von anderen Chemikaliensensiblen weiß ich, dass sie bei Gutachterterminen bzw. in den nachfolgenden Gutachten diskriminiert wurden, weil sie z. B. gepflegte Fingernägel oder im Sommer rasierte Beine hatten. Dann standen Bemerkungen in den Gutachten, wenn sie noch Zeit dafür hatten, kann es mit der Krankheit ja nicht so schlimm sein.

    Also, das würde man auch nicht mit anderen zu begutachtenden Personen machen, die an anderen Erkrankungen leiden. Diese Diskriminierung wird nur Umweltkranken zuteil. Das ist eine Ungeheuerlichkeit.

    Ich finde es auch schön, mich nett zu kleiden, denn wenn man sich wohlfühlt, sich über ein neues Kleidungsstück freuen kann, trägt dies ja auch zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Überhaupt sollten Chemikaliensensible alle ihnen noch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen und alles tun, was ihnen noch möglich ist. Damit kann man selbst dazu beitragen, sich das Leben lebenswert zu gestalten und man verfällt nicht in Depressionen.

    Wir dürfen uns nicht alles gefallen lassen.

  4. Bunny 11. Januar 2008 um 17:29

    Genau Kathy,

    durch das Pure Nature-Forum und auch das CSN-Forum habe ich lebensnotwendige und erleichternde Anregungen und Tipps erhalten. Ich weiß garnicht wie ich ohne das alles hätte klar kommen sollen, mit dieser schwierigen Situation als MCS-Patient. Ohne, dass ich mich bei meiner Selbsthilfegruppe und dem Internet eingelesen und „schlau“ gemacht hätte, wäre mein Leben weitaus schwieriger und sicher mit stärkeren Symptomen verlaufen. Erst durch die vielen Anregungen konnte ich mein Umfeld einigermaßen lebenswert gestalten.

    Anderswo werden umweltbedingte Erkrankungen wie MCS (Multiple Chemikaliensensitivität), FMS (Fibromyalgie) und CFS (Chronic Fatigue Syndrome) ja stets als nicht existent erklärt, also wie soll man sich dann bitteschön an die schwierige allgemeine Situation anpassen?

    Und dass wir als graue Mäuse herumlaufen sollen, kann ich auch nicht nachvollziehen.

  5. Tarzan 23. Januar 2008 um 00:15

    Abgesehen vom Äußeren kann einem auch ein motiviertes, lebenslustiges Auftreten beim Arzt zum Verhängnis werden. Wenn man hofft, der Arzt könnte zumindest ein Begleitsymptömchen lindern, und daher bei der Untersuchung gut gelaunt ist, wird man in den Augen vieler Ärzte schon zum Hypochonder. Außerdem hilft der Adrenalinausstoß beim Arztbesuch oft, sich vorübergehend besser zu fühlen.

    Aber deshalb den letzten Rest Motivation aufzugeben ist nicht drin!

  6. Violetta 2. Februar 2008 um 23:07

    Sind Ärzte voreingenommen weil im Überweisungsschein z. B. die Diagnose MCS (Multiple Chemikaliensensitivität) steht, wird es letztendlich egal sein, wie man sich gibt, man wird ihnen dann nichts recht machen können. Hypochondrie und psychische Auffälligkeiten werden einem dann angedichtet. Die Objektivität der Mediziner geht oft dann verloren, wenn man sie mit den „falschen“ Krankheiten konfrontiert.

  7. Bongo Wongo 27. März 2008 um 14:02

    Dem bisher „Gesagten“ kann ich mir nur anschließen. Ich hatte mal eine Überweisung in eine Uni-Klinik zur Abklärung meines umfangreichen Beschwerdebildes, in der eindeutig stand: „Verdacht auf MCS (Multiple Chemikaliensensitivität)“.

    Ich fragte den behandelnden Oberarzt konkret, was er in meinem Fall bezüglich MCS meine. Er antwortete mir wörtlich: „Von MCS halte ich nichts.“

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