Chemiefreie Stadt – Gesunde Häuser – Gesunde Menschen

Könnt Ihr Euch das vorstellen? Eine chemiefreie Stadt, chemiefreie Gebäude? Das klingt für Umweltbewusste und besonders für Umweltkranke wie das Paradies auf Erden. Einzelprojekte für ökologisches Wohnen gibt es weltweit, aber eine ganze Stadt bisher noch nicht. Die gute Nachricht, ein solches „Paradies“ ist tatsächlich in Werde – in Japan. 

Die japanische Universität Chiba hat für ihren Kashiwanoha Campus auf einem 4000 qm Grundstück vier fast völlig chemiefreie Häuser errichtet. Jetzt im November werden noch zwei weitere Gebäude hinzukommen. In ihnen werden die umweltmedizinische Fakultät und Ausstellungsräume untergebracht. Man möchte mit der chemiearmen Bauweise das Entstehen von Sick Building Syndrom (SBS) vermeiden. Darunter versteht man Beschwerden, die von Menschen wahrgenommen werden, die auf bestimmte Chemikalien sensibilisiert sind. Auslöser sind „kranke Gebäude – Sick Buildings“, damit sind Häuser gemeint, bei denen krankmachende Chemikalien in den Baumaterialien oder der Ausstattung stecken. Sick Building Syndrom ist eine Übersensibilität auf bestimmte Baustoffe wie bspw. Farben, Lacke und vor allem auf die darin enthaltenen Lösemittel. Aber auch Naturbaustoffe, die übermäßig Terpene oder Harze enthalten, können SBS auslösen. Eine ganz typische SBS auslösende Chemikalie ist Formaldehyd. Es steckt z.B. in Pressspanmöbeln und Teppichböden. Auch Holzschutzmittel und Antiflammschutzmittel gehören dazu. Die Gebäude der Chiba Universität sind deshalb aus Materialien errichtet, die höchstens Spuren von Chemikalien enthalten, wenn überhaupt. 

Die ersten vier Häuser wurden im April fertig gestellt. Nun werden Menschen mit Sick Building Syndrom eingeladen, in diesen Häusern einzuziehen, um mitzuhelfen, Daten über das gesundheitliche Problem zu sammeln. Die Ergebnisse werden von Wissenschaftlern der Universität und Bauunternehmen untersucht.  

Um das Syndrom an der Wurzel zu packen, hat die Regierung Richtlinien zur Verringerung der Innenraumluftkonzentration von 13 Chemikalien herausgegeben. Hierunter fällt auch Formaldehyd. Für die Verwendung von zwei weiteren toxischen Chemikalien, die als Pestizid gegen Termiten eingesetzt werden, wurden ein Verbot und Restriktionen erlassen.  Bis jetzt ist das Problem noch nicht weg, sagte Chisato Mori, ein Professor an der Abteilung Bioenvironmental Medicine, Chiba University, der das Chemiless Town Project leitet. „Wir haben noch keine große Anzahl von Patienten gesehen, die unter Sick Building Syndrome leiden und in Krankenhäusern Behandlung suchten, die besser wurden.“ sagte er. Diejenigen, die an diesem Projekt teilnehmen, werden in experimentellen chemikalienfreien Einrichtungen zwischen einer und mehreren Wochen leben, damit die Wissenschaftler eine Veränderung ihrer Symptome untersuchen können. Das Experiment wird die Wechselwirkung zwischen Sick Building Syndrome und chemischen Substanzen untersuchen, jedoch nicht nur die 13 Chemikalien, für die Richtlinien bestehen.  

Ein weiterer toller Aspekt bei diesem Projekt ist, die Gebäude für diese Forschungszwecke wurden kostenfrei von großen Bauunternehmen wie Sekisui House, Ltd. und Tokyu Home Corp., sowie kleineren Bauunternehmen errichtet, die sich bereits mit dem gesundheitsorientiertem Hausbau beschäftigt haben. Anstatt Tapeten aus synthetischem Material an die Wände zu kleben, fertigten die Erbauer die Wände und Decken aus Gips. Sie benutzten Kleber, der aus Reis hergestellt wurde anstatt mit chemischen Zusatzstoffen.  

Die Stadtverwaltung von Kashiwa hat ebenfalls ihren Enthusiasmus für das Projekt zum Ausdruck gebracht. „Wir denken darüber nach, alle öffentlichen Einrichtungen von jetzt an chemiefrei zu bauen „, sagte ein Vertreter der Stadt, „wir wollen versuchen, die ganze Stadt chemiefrei zu gestalten.“ 

Chiba University und die teilnehmenden Hersteller haben sich einen fünfjährigen Zeitrahmen gesetzt und hoffen, bis dahin ihre eigenen Richtlinien für zulässige Innenraumlauftkonzentrationen von chemischen Substanzen vorlegen zu können.  „Wir wollen das „Chemiefreie Stadt Projekt“  wachsen sehen, der Zukunft unserer Kinder zuliebe“, sagte Mori. Ein wunderbares, zukunftsträchtiges Projekt, das Schule machen sollte. 


5 Kommentare zu “Chemiefreie Stadt – Gesunde Häuser – Gesunde Menschen”

  1. Daniel 17. November 2007 um 23:28

    Das ist ein guter Bericht. Ab und zu einmal auszumisten ist eine gute Idee! Warum nicht einmal nach Gesundheitsaspekten, denn davon würden alle besonders stark profitieren.

    Ich merke schon eine Verbesserung meiner Beschwerden, wenn die Wohnung frisch gesaugt wurde. Wenn also gesundheitschädigende Einrichtungsgegenstände vorhanden sind, kann ich mir gut vorstellen, dass bei deren Entsorgung aus dem Wohnumfeld, Beschwerden vielfältiger Art reduziert werden, die man ansonsten nicht mit ihnen in Verbindung gebracht hätte. Auch wenn man sich, wie in dem ausführlichen Bericht beschrieben, mal den Putzschrank und die Kosmetikprodukte vornimmt, werden bei dem ein oder anderen verblüffende Ergebnisse zustande kommen. Bei dem was ich heute weiß, in Bezug auf die verschiedenen Inhaltsstoffe dieser Produkte, bin ich mir ziemlich sicher!

    Ich werde diese interessanten Informationen zum Anlass nehmen, im Familien- und Bekanntenkreis entsprechend diesen Aufräumanleitungen, die notwendigen Aufräumaktivitäten in Gang zu setzen.

  2. Silvia 14. Dezember 2007 um 19:20

    Ich bin gespannt Daniel wann wir die ersten Forungsergebnisse aus Chiba lesen können. Wenn die Gebäude wirklich safe sind, müsste sich der Zustand der Patienten bessern. Gesetzt der Fall, dass sie lange genug bleiben dürfen in der cleanen Umgebung. Zwei Wohnen sind zu kurz, sechs Wochen ist meiner Meinung nach Minimum um ein Resultat bei CFS oder MCS erkrankten zu sehen.

    Hast Du schon Erfolge erzielt mit Deiner Aufklärungskampagne oder bist Du auf Widerstand gestossen?

  3. architekt 26. Dezember 2007 um 12:35

    Chemiefreie Häuser? Hallo? Der Mensch ist auch ein chemisches System … Letztlich ist doch alles Chemie. „Schadstoffrei“ wäre wohl die richtige Bezeichnung.

  4. Daniel 29. Januar 2008 um 19:26

    Hallo architekt!

    Finden Sie nicht, dass Ihr Beitrag ein wenig „kleinkarriert“ rüberkommt? Weiß doch jeder hier, was gemeint ist.

    Ich finde man kann es auch ein bißchen übertreiben mit den Spitzfindigkeiten, oder!?

  5. Wohngesundheit in Japan | Sentinel-Haus-Blog 7. Dezember 2009 um 20:11

    […] Partnern und Projektteilnehmern aus der Bauwirtschaft am Forschungsprojekt  “Chemiless project” (emissionsminimierte Gebäude) begrüßen, um mit Ihnen  einen künftigen […]

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